Auf Sand gebaut? Ja, unbedingt!

Wie Sand am Meer… oder doch nicht?!

Sie lesen richtig: Sand – nur Sand! Es gibt ihn doch wie „Sand am Meer“. Diese Metphaer finden wir schon in der Bibel und wir meinen damit im Alltag: er ist im Überfluss vorhanden. Dies stimmt und es stimmt auch nicht, denn Sand ist nicht gleich Sand!

Wir stehen am Rhein. Schwer beladene Schubschiffe sind unterwegs. Sie haben Sand geladen, Sand aus dem Rhein. Bestimmungsort: Dubai. Wir können nicht recht glauben, dass es so ist. Aber ohne die gewaltigen Sandimporte aus Australien, Deutschland und weiteren Ländern wären die Mega-Bauvorhaben in Dubai und in anderen arabischen Ländern nicht realisierbar. Das derzeit höchste Gebäude in Dubai, das Burj Khalifa mit der luftigen Höhe von 828 Metern, enthält wahrscheinlich auch Sand aus dem Rhein.

Einige Zahlen: Beton besteht zu einem Drittel aus Zement und zu zwei Dritteln aus Sand. In einem Einfamilienhaus stecken über 100 Tonnen Sand, in einer Schule 1.000 Tonnen, in jedem Kilometer Autobahn 10.000 Tonnen und in einem Atomkraftwerk mehr als 10.000.000 Tonnen. Und Sand steckt in Glas, Putzmitteln, Zahnpasta, Mobiltelefonen, Solarzellen, Mikrochips, Papier, Kosmetika, Plastik für Flugzeuge… die Liste ist noch viel länger. Sand ist -nach Wasser- der wichtigste Rohstoff der Menschheit. Und er wird, kaum zu glauben, knapp, aber bisher kümmert es niemanden. Die Bauwirtschaft hat deshalb Sand vom Meeresboden ins Visier genommen. Dies ist nicht nur eine ökologische Zeitbombe, auch der Küstenschutz braucht Sand. Dabei gibt es Alternativen zum enormen Sandverbrauch der Bauindustrie. Deutschland ist dabei führend, 90% des Abbruchmaterials werden hierzulande verwendet, 66 Millionen Tonnen/Jahr.

In den Wüsten gibt es Sand im Überfluss, aber der ist rund und glatt und eignet sich nicht zur Herstellung von Beton. Nach jahrelanger Entwicklungsarbeit hat ein Tüftler in Gehlberg (Thüringen) einen praktikablen Weg gefunden, den Sand der Wüsten mit Polymerharz zu Polymerbeton zu binden. Seine Entwicklung hat inzwischen Marktreife erlangt.

Bis allerdings das Bewusstsein in den Köpfen ausbreitet, bessere und umweltschonende Maßnahmen zur Sandbeschaffung zu wählen, muss gegen die Sandmafia auf der ganzen Welt gekämpft werden. Die Menschen graben sich den Sand ab, auf dem sie leben, und bereits jetzt verschwinden durch den illegalen Abbau in Indonesien ganze Inseln im Meer.

Zusammenfassende Grafik

Über Sand

Systematische Rentenkürzung, ein Skandal! Z. B. Verdienste 2015: durchschnittlich 3.612 Euro brutto im Monat = Entgeltfaktor 1 für den Rentenanspruch im Jahre 2015!)

„Ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer verdiente im Jahr 2015 durchschnittlich 3 612 Euro brutto im Monat. … Hinweis des Statistischen Bundesamts: „Alle auf dieser Seite und in den oben genannten Fachserien veröffentlichten Verdienstangaben sind arithmetische Mittelwerte. Wichtig für die Interpretation dieser Werte ist eine Vorstellung über die Verteilung der Beschäftigten um diesen Mittelwert: Aus der Verdienststrukturerhebung 2010 ist bekannt, dass knapp 2 von 3 Vollzeitbeschäftigten (62 %) weniger verdienen als den gesamtwirtschaftlichen Durchschnittswert; nur ein gutes Drittel (38 %) hat höhere Bruttoverdienste. Dieses Drittel hat so hohe Verdienste, dass der Durchschnittswert für alle Beschäftigten „nach oben“ gezogen wird.“

An diesem arithmetischen Durschnittsverdienst, der jährlich auf diesselbe Weise errechnet wird, wird der auf das entsprechende Jahr bezogene Rentenanspruch eines Arbeitnehmers gemessen. D. h., alle die unter diesem Bruttoverdienst liegen (62 % der Arbeitnehmer!), erhalten einen Entgeltfaktor kleiner 1, mithin eine deutlich verringerte Rente! Diese Art der Durchschnittsberechnung ist ein Skandal!

Quelle am 25.11.2016: https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesamtwirtschaftUmwelt/VerdiensteArbeitskosten/VerdiensteVerdienstunterschiede/Aktuell_Branchen.html

Böhmermann als deutscher Ei Weiwei? Au weia!

Böhmermann, so smart und echt,

was war denn nur Dein Ziel?

Ach ja, ein Streit für´s Menschenrecht,

Ein Kämpfer Du, ganz ohne Stil!

Besinn Dich! möchte ich nur rufen,

bist mir ein schöner Satirist!

Willst trommeln mit zu kleinen Hufen

als Teufel, der ein Engel ist?

von Manfred Feyk

(s. a. DIE ZEIT vom 04.05.16, Interview mit Böhmermann)

Rette sich, wer hat – aber bitte, jeder sich selbst!

Ist es heute etwa eine Ehre, arm zu sein? Wer ist schuld an den Früchten, die im Tanz um das goldene Kalb geerntet wurden? Wurde die Saat dazu nicht schon in den vergangenen Jahrzehnten ausgeworfen? Wenn die meisten Menschen in unseren postindustriellen Gesellschaften heute nur noch die gemeinsten, oft virtuell vermittelten Genüsse kennen, reich sind an den kostspieligsten Zeitvertreiben, mit Geld und Besitz protzen, als wäre dies das einzig Erstrebenswerte – ernten wir dann nicht, was jahrelang gesät worden ist und weiterhin gesät wird? Es scheint, dass wir krank sind, krank in der Überschätzung allen äußeren Gutes. Diese Krankheit hat einen Namen: Gier nach mehr.

Vielleicht begannen wir Ende des Jahres 2008 gerade damit, uns von dieser Krankheit zu heilen. Sicher scheint heute zu sein, dass wir arm werden, ärmer als uns jetzt noch gefällt, es uns vorzustellen. Wenn es nur in unserem Willen läge, würden wir uns mit allen Mitteln gegen das Ärmerwerden wehren. Schon scheint in unserer Gesellschaft mehrheitlich das Motto akzeptiert „Rette sich wer hat“. Unsere Politiker und Finanzjongleure versuchen das gerade auch mehr oder weniger; denn für die meisten Menschen ist das Leben in Fülle durchaus der schönste vorstellbare Zustand.

Deutschland hat in nur wenigen Jahrzehnten nach dem 2. Weltkrieg gesamtwirtschaftlichen Reichtum erlangt. Dieser Reichtum ist stetigem industriellen Wachstum und der Kapitalkonzentration auf das westliche Europa und die USA geschuldet. Wir, die wir in den 60er, 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts groß wurden, waren ihn gewohnt. Wir glaubten, er wäre etwas Gesichertes und Normales, haben auch heute noch nicht seine Tücke erkannt. Unsere Möglichkeiten und unser Wissen waren gleichzeitig größer als je zuvor. Wir gestatteten uns den Protest der Intellektuellen, der Jugend- und Studentengenerationen besonders in den 60er und 70er Jahren vor allem gegen die Verdrängung der Schuldfrage am 2. Weltkrieg, gegen die Selbsttäuschungen und hohlen Werte-Phrasen im gesellschaftlichen Miteinander, gegen den militärisch-industriellen Komplex, gegen die Stellvertreterkriege in Ostasien, Afrika und Südamerika, gegen die Missachtung von Menschenrechten vor allem in zum Westen hin aufgeschlossenen Diktaturen – aber ohne wirklich im eigenen wirtschaftlichen Wohlergehen gefährdet zu sein. Wir ahnten also schon recht gut, dass der Motor dieses wirtschaftlichen Reichtums angetrieben wurde vom Wegschauen, von der Ausbeutung von Mensch und Natur besonders woanders, von politischer und wirtschaftlicher Macht hier und Ohnmacht dort. Gesellschaftliche Bewegung (Sozialdemokratisierung und Ökologisierung) und Forschungsaktivitäten in Natur- und Gesellschaftswissenschaften erblühten in knapp 30 Jahren in ökologisch-messbaren Bereichen einerseits sowie in soziologischen, pädagogischen und historischen Publikationsquantitäten andererseits. Denn unsere führenden Gesellschaftsgestalter und Führungspersönlichkeiten-Bildner in Politik, Wirtschaft und Hochschulen achteten besonders auf das Wissen und Denken, das konform und handhabbar war, mit mess- und wägbaren, irgendwie erfolgversprechenden, im weiteren Sinne konsumierbaren, letztlich auch das physische und institutionenangepasste Weiterkommen erfüllenden Resultaten.

Und so waren wir ganz nebenher an drei zeitlosen Bedingungen des Menschlichseins und Zusammenlebens sehr arm geworden: an Demut, an sittlichen Werten und an seelischer Beziehung zu allem Unmessbaren, Unwägbaren, Unmateriellen, zu anderen Menschen. Höchstens auf unsere Pferde, Haushunde und -katzen und die Ferne fokussieren wir heutzutage den verbliebenen Rest an seelischen Bedürfnissen, zu groß waren und sind offenbar echte oder vermeintliche Enttäuschungen unserer Erwartungshaltungen an andere hier. Und nun? Rette sich wer hat – aber bitte, jeder sich selbst?

Gegenwart und Trends legen es nahe: Offenbar sollen wir eine Gesellschaft aus einer manipulierbaren Masse von Quasi-Analphabeten und einer Führungsschicht von Lesegeschulten werden. 

 

Viele Erwachsene wissen oder ahnen es zumindest noch: Kinder und Jugendliche benötigen unbestritten für eine gesunde Entwicklung Zeit und Raum.

Die Hauptbeschäftigung in unserer Zeit aber, elektronische Bilderfolgen zu verfolgen, in Computerspielen, in Apps im Liegen, Sitzen, Gehen und Stehen, sind Raum- und besonders Zeit-Vernichter! Und trotzdem sind immer mehr Eltern – besonders Väter – Vorbilder ihrer Kinder beim Computerspielen. Playstations und X-Boxes, oft mehrere im Haus, in der Wohnung verteilt – Daddy Cool!

Zu lernen (ebenso beim klassischen Spiel) bedeutet(e) jedoch auch, sich selbst zu entdecken, sich zu finden. Am Computer resp. Smartphone zu spielen, bedeutet dagegen immer, sich zu verlieren.

Um Kreativität und Problemlösungskompetenz zu erlangen, muss man eigene Bilder entdecken oder entwickeln. Das mag zwar manchen Spieleprogrammierern gelingen, dem programmgeleiteten Anwender gelingt das nie.

Nach anstrengender geistiger oder körperlicher Arbeit sind Jugendliche wie Erwachsene in der Regel erschöpft und entspannungsfähig. Nach anstrengendem Computerspiel sind alle überreizt, ausgepowert und unfähig zur Entspannung. Wer kann sich jetzt noch ein Bild machen?

„Sich ein Bild machen“ kommt von lesen und nicht von gucken

„Kienbaum-Effizienz“

 

„Daran erkenn ich die ökonomischen Herren!

Was Ihr nicht tastet, steht Euch meilenfern,

was Ihr nicht fasst, das fehlt Euch ganz und gar,

was Ihr nicht rechnet, glaubt Ihr, sei nicht wahr,

was Ihr nicht wägt, hat für Euch kein Gewicht,

was Ihr nicht münzt, das, meint Ihr, gelte nicht.“

frei n. Goethe (Faust II) und weiter frei n. Ovid (Tristien V, 4, 9f.):

„Weder die Blätter im Wald

noch auf sonniger Wiese das zarte Gras

noch im überströmenden Fluss

wisst ihr den Boden und das Wasser zu sehn.“

Systematische Rentenkürzung durch falsche Mittelwerte

Laut Statistischem Bundesamt verdiente ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer im Jahr 2014 durchschnittlich 3.527 € brutto im Monat ohne Sonderzahlungen. Dieses durchschnittliche Bruttoentgelt aller gesetzlich Versicherten lässt die Bundesregierung in jedem Jahr neu feststellen. Es ist eine sehr wichtige Kennzahl in der Rentenformel zur Ermittlung der gesetzlichen Rente. Wer ein Gehalt in Höhe des durchschnittlichen Bruttoentgelts, hier also 3.527 € verdient, erhält 1 Rentenpunkt, d. h. das übrige Rentenberechnungsergebnis wird mit 1 multipliziert. Liegt das individuelle Einkommen darunter oder darüber, verringert/erhöht sich die Rente für das entsprechende Jahr.

Nun ist aber das vom Statistischen Bundesamt jährlich neu errechnete Bruttoentgelt, das als maßgeblicher Rentenpunkt zugrunde liegt, ein simples arithmetisches Mittel. Sollten hier nicht wenigstens zuvor die Extreme der Entgeltverdienste herausgerechnet werden? Oder andere Mittelwerte wie Median oder Modalwert mit definierten Abweichungen nach oben/unten bemüht werden?

Das Statistische Bundesamt ergänzt auf seiner Seite „seriöserweise“ selbst, dass knapp 2 von 3 Vollzeitbeschäftigten (62 %) weniger verdienen als den gesamtwirtschaftlichen Durchschnittswert. Und nur ein gutes Drittel (38 %) habe höhere Bruttoverdienste. „…Dieses Drittel hat so hohe Verdienste, dass der Durchschnittswert für alle Beschäftigten „nach oben“ gezogen wird.“

Na prima, sehenden Auges veräppelt!

17.01.2016: https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesamtwirtschaftUmwelt/VerdiensteArbeitskosten/VerdiensteVerdienstunterschiede/Aktuell_Branchen.html

IKEA-Welt, für eine Welt ohne Kinder?

Um die Jahreswende schon gelang er in unseren Briefkasten – der neue Katalog von IKEA. Sein Motto richtet sich offenbar an Individualisten. Sein Inhalt aber bietet trotz kunterbunter Farben nur Bilder zu genormter Einrichtungs-Tristesse.

Zunächst mal diese Grobklotzigkeit: Ecken und Kanten, wohin man blickt. Dick aufgetragen: Baukasten-Land aus Leimholz, Stahl und Plastik in Küche, Bad und überall. Ja, sogar Polsterungen müssen in den rechten Winkel passen, nicht nur das Eck-Sofa. Wer etwas Abwechslung sucht, wird möglicherweise im Retro-Design der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts fündig. Zum abgebildeten Tischchen in Nierenform passt dann durchaus das Drehsesselchen im Schalen-Design. Oder wer will sich schon in einem einschließlich Armlehne kantigen Schaukelstuhl für 99 EURO einkuscheln? Und dann diese so geräuschvollen, weil knalligen und schreienden Farben! Liebe Individualisten, solltet ihr euch wider besseren Karriere-Wissens doch einmal für eine Elternphase zusammentun, um Kinder in eure IKEA-Welt zu setzen, dann aufgepasst: Nicht eine Ecke des Mobiliars ist auch nur annähernd kindersicher! Habt Ihr schon mal Kinder einfach aus Freude toben sehen, etwa beim Fangenspielen um Tisch, Bank und Stühle, beim Ausrutschen und Purzeln? Oder jene Katalog-Küchenszene: Kinder, frage ich, habt ihr schon mal Mami und Papi in der Küche beobachtet, etwa beim umworbenen „Plauder-Kochen“ auf IKEA-Hockern vor der Mikrowelle?

Was also hat IKEA dann noch mit unserer Wirklichkeit, mit unserer Wahrnehmung zu tun? Oder schon alles?

Orientierungshilfen: Lesen und handeln

Ich finde es Anfang des neuen Jahres 2016 sehr wichtig, Heinrich August Winklers „Geschichte des Westens“ sowie Jose Antonio Marinas „Lob der Intelligenz“ zu bewerben, gerade angesichts des aktuellen Hypes um die kommentierte Neuauflage von Hitlers „Mein Kampf“.

Heinrich August Winkler (2009-2015): Geschichte des Westens. 4 Bände.- Beck, München.
Band 1: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert. 2009. ISBN 978-3-406-59235-5;
Band 2: Die Zeit der Weltkriege. 1914–1945. 2011. ISBN 978-3-406-59236-2;
Band 3: Vom Kalten Krieg zum Mauerfall. 2014. ISBN 978-3-406-66984-2;
Band 4: Die Zeit der Gegenwart. 2015. ISBN 978-3-406-66986-6.

José Antonio Marina (2006): Lob der Intelligenz oder Die Überwindung der Dummheit.- WBG, Darmstadt. ISBN 978-3-534-19870-2

Ein Recht auf Einkommen. Bedingungsloses Grundeinkommen für Alle.

Radikal denken und schrittweise handeln

Die Frist zur Unterzeichnung der Petition von Erzieherin Susanne Wiest war bis zum 17.2.2009 verlängert worden – aufgrund der technischen Probleme, die die Petitions-Webseite des Bundestages mit dem Unterzeichner-Ansturm hatte! Bei Erreichen von 50.000 Unterzeichnern hätten sich die Abgeordneten offen mit der Idee des bedingungslosen Grundeinkommens auseinandersetzen müssen. Am 16.2. überschritt die Stimmabgabe die 41.000er Marke – letztlich wurde sie von 52.973 Befürwortern mitgezeichnet. Die Anhörung hatte am Montag, den 8. November 2010 stattgefunden. (Ergebnis s. im Netz)

Was waren außer Frau Wiests persönlicher Betroffenheit die allgemeinen Hintergründe?

Seit Jahren bilden Millionen Arbeitslose eine konstante Größe in unserer Gesellschaft. Die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit variieren über viele Jahre hinweg zwischen drei und fünf Millionen Arbeitslose. Jährlichen Einfluss auf die genaue Zahl (nicht auf die Dimension) nehmen immer schon nur Konjunkturschwankungen, Änderungen und/oder Anpassungen der statistischen Zählweise oder der EDV-Systeme (Bund/Länder/Gemeinden) oder auch alles zugleich. Nach dem befristeten Bezug von Arbeitslosengeld schauen die Betroffenen in das offene Visier von Hartz IV. Das bedeutet: Offenlegungszwang sämtlicher Spar- und Einkommensverhältnisse; Aufbrauchen des Ersparten bis auf durch heftige Proteste den Politikern abgerungene Zugeständnisse an die Altersvorsorge; eine Bedarfsprüfung auf Hartz IV-Regelsatz-Anspruch und Mietkostenbeihilfe (ohne Stromverbrauch) bis auf den Cent- und Wohnquadatmeter-Nachweis. Nach Zusammenlegung verschiedener Beihilfezuständigkeiten erfolgte dann 2005 die Gleichstellung aller Hilfesuchenden (sogenannte Hartz IV-Gesetzgebung), ob jahrelang berufstätig oder nie, ob hochgebildet oder sonderbeschult, ob 18- oder 55-jährig. Die persönliche Leistungs- und Lebensbiographie spielte und spielt keine Rolle. Verwaltungsangestellte oder –beamte entscheiden, teilen zu oder entziehen das Wort. Die Sozialgerichte wurden und werden mit Klagen überhäuft und sind personell überfordert.

Dagegen war einer aufgestanden und mit ihm wurden und werden es ständig mehr. Er begeisterte immer wieder seine Zuhörer, verblüffte seine Kritiker mit gediegenem wirtschaftlichen Durchblick und menschlicher Offenheit. Er stellte den Menschen in den Mittelpunkt: Der Millardär Götz Werner kämpfte und kämpft für die Hartz IV-Betroffenen und gegen die ungleiche Arbeits- und Einkommensverteilung in Deutschland.

Dieses manische Schauen auf Arbeit macht uns alle krank. Und was ist denn Hartz IV? Hartz IV ist offener Strafvollzug. Es ist die Beraubung von Freiheitsrechten. Hartz IV quält die Menschen, zerstört ihre Kreativität. … Wir brauchen ein Recht auf Einkommen. Ein Recht auf ein bedingungsloses Grundeinkommen“, so Götz Werner.

Ob im Hörsaal, in der Talkshow oder auf einer Podiumsdikussion, persönlich wirkte der Unternehmer, Anthroposoph und Professor ohne Studium, ja ohne Abitur authentisch und kompetent. Hier dachte einer, während er sprach, hier gelang es jemandem, glaubwürdig zu überzeugen.

Prof. Werner ging dabei an die Wurzeln unseres Sozialstaats, der Grund dafür, dass ihm starke Vorbehalte seitens der politischen Zunft entgegengebracht wurden.

Unser sozialstaatliches Denken und Handeln ist eben immer noch in der Tradition Bismarckscher Prägung angelegt, also im Selbstverständnis eines weitgehend binnenräumlichen Wirtschaftens, obwohl davon in dieser Zeit eigentlich keine Rede mehr sein kann. Angesichts der europäisch bis global beeinflussten Sozial- und Wirtschaftsverhältnisse heute ist jeder einzelne Bürger angesprochen, seine Begriffswelt neu zu überprüfen.

Mit der Idee des bedingungslosen Grundeinkommens konfrontierte Götz Werner die Politiker und schaltete sich in die öffentliche Debatte ein. Werner appellierte dabei an das eigene Denken eines jeden Einzelnen.

Wir leben in der totalen Fremdversorgung, Selbstversorgung spielt kaum noch eine Rolle. Viele meinen noch heute, sie lebten von ihrer eigenen Leistung, müssten zur Altersvorsorge für ihre eigene Rente sorgen. Tatsächlich leben wir aber immer von der Leistung anderer, wir leisten für andere, und wir müssen damit rechnen, dass andere mit unserer Leistung rechnen. Unsere sozialen Verhältnisse entstammen heute noch aus der Selbstversorgungs- oder Binnenwirtschaft, obwohl wir inzwischen in einer absoluten Fremdversorgungswirtschaft mit globaler Arbeitsteilung leben. Notwendig wären daher Verhältnisse, die nicht nur selbst initiativ sind, sondern neue Initiativen hervorbringen. Unter Arbeit wird gemeinhin Arbeit an den Naturgrundlagen und der Materie, also in der Produktion und in produktionsnahen Dienstleistungen verstanden. Dabei herrscht aber ein riesiger Mangel an „Kulturarbeit“: nämlich Bildungsarbeit, Erziehungsarbeit, Elternarbeit, Sozialarbeit, kurzum – menschenzugewandte Arbeit. Darin geht es nicht etwa um Produktivität, sondern um menschliche Zuwendung; es geht nicht um Sparsamkeit, sondern im Gegenteil um Freizügigkeit; es geht nicht um Einkommens- sondern um Sinnmaximierung. Kulturarbeit ist keine leitungsgebundene Arbeit, sondern bedarf eben der einzelmenschlichen Initiative. Natürlich ließe sich ihr monetärer Wert auch berechnen, wenn man die Einkommen derjenigen zugrunde legte, die nur durch diese Kulturarbeit möglich ist: etwa die der Eltern, während Erzieher deren Kinder in Tagesstätten betreuen. Solche Arbeit ist prinzipiell unbezahlbar, eine Gesellschaft kann sie nur ermöglichen. Das bedingungslose Grundeinkommen soll der Ermöglichung solcher Arbeit dienen und nicht der Arbeitsverhinderung. Es soll wirkliche Arbeitsplätze schaffen und nicht nur Einkommensplätze! Finanziert werden soll das Ganze über eine Erhöhung der indirekten Steuern, insbesondere durch eine kräftige Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Luxusgüter. Und durch Einsparung der Arbeitslosenverwaltung und weiterer Teile bundesdeutscher Behördenapparate, deren Tätigkeit dann überflüssig würde.

Viele Bürger und Politiker, Unternehmer und Wissenschaftler zweifeln. Sie sehen in einer solidarischen Bürgerversicherung eher eine sinnvolle Erweiterung unseres Sozialstaates. Auch wird mehr Eigenverantwortung des Einzelnen im Hinblick auf seine Gesundheits- und Altersvorsorge als kaum zumutbar angesehen. Die Unter- und Mittelschichten, nicht die durch Erbschaft und Herkunft Betuchten, trügen jedenfalls die Hauptlast der Kosten. Auch die Mehrwertsteuer wird als Finanzierungsquelle misstrauisch angesehen, nimmt sie doch keine Rücksicht auf die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Bürger, z. B. kinderreicher Familien, deren Konsumgüterbedarf immer recht hoch ist. Zuguterletzt: Es scheint, dass für die Mehrheit der Bevölkerung die Bedürftigkeit Einzelner und die Frage eine Rolle zu spielen scheint, warum jemand in eine Notlage geraten ist. Hierzu werden mit Recht Antworten und politisches Handeln erwartet. Und es scheint sich wohl leider auch eine Jahrhunderte alte Grundhaltung wieder im leise und laut geäußerten Wort auszudrücken: „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen.“ Fällt das nicht auf diejenigen zurück, die selbst nicht arbeiten, sondern ihr „Geld arbeiten lassen“?