Heimat ohne Nebelkerzen

Heimat entsteht durch Wahrnehmung mit allen Sinnen, durch unerzwungene innerliche Schaffung von starker Verbundenheit mit einem besonderen Milieu über einen längeren Zeitraum hin. Heimatverbundene sollten desöfteren einen bewussten Perspektivenwechsel im Laufe ihres Lebens vornehmen, damit Dumpfheit im Fühlen und Gespenster aus der Vergangenheit nicht vom eigenen Denken und Empfinden in der Gegenwart Besitz ergreifen. 

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Orientierungshilfen: Lesen und handeln

Ich finde es Anfang des neuen Jahres 2016 sehr wichtig, Heinrich August Winklers „Geschichte des Westens“ sowie Jose Antonio Marinas „Lob der Intelligenz“ zu bewerben, gerade angesichts des aktuellen Hypes um die kommentierte Neuauflage von Hitlers „Mein Kampf“.

Heinrich August Winkler (2009-2015): Geschichte des Westens. 4 Bände.- Beck, München.
Band 1: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert. 2009. ISBN 978-3-406-59235-5;
Band 2: Die Zeit der Weltkriege. 1914–1945. 2011. ISBN 978-3-406-59236-2;
Band 3: Vom Kalten Krieg zum Mauerfall. 2014. ISBN 978-3-406-66984-2;
Band 4: Die Zeit der Gegenwart. 2015. ISBN 978-3-406-66986-6.

José Antonio Marina (2006): Lob der Intelligenz oder Die Überwindung der Dummheit.- WBG, Darmstadt. ISBN 978-3-534-19870-2

Menschenbild

Welches neue Menschenbild im Sinne sozialer Intelligenz benötigen wir für Krisenbewältigungen?

Eine Aufgabe, die sich nicht nur unseren politischen Repräsentanten stellt:

Wir benötigen endlich ein neues, intelligentes Menschenbild!

Der Mathematiker und Wissenschaftsphilosoph Henri Poincaré behauptete einmal, dass es nichts Praktischeres gebe als eine gute Theorie. Tatsächlich, jedes Weltbild, jede Analyse folgt auch einer Theorie oder einem Modell – ob und in welchem Sinne gut, sei dahingestellt. Dabei bemühen jedoch Theoretiker und die mächtigen Akteure in unserem gegenwärtigen Wirtschaftssystem stets eine bestimmte Vorstellung vom Menschen, nämlich eine zentrale, scheinbar voraussetzungslose Denkfigur, die durch zwei grundlegende menschliche Eigenschaften gekennzeichnet ist:

1. Jeder Mensch handelt selbstsüchtig – auch Altruismus dient nur der eigenen Eitelkeit!

2. Der Mensch handelt als homo oeconomicus, d. h. er sucht immer
seinen wirtschaftlichen Vorteil.

Diese Sicht führte zu einem in sich stimmigen Medienbild, das allzeit und überall manipulativ Verwendung findet. Das ihm folgende, so akzeptierte und immer wieder beobachtbare Selbstverständnis vieler Bezieher von Einkommen aller Art wie Lohn, Rente, Kapitalzins, Erbe etc. sieht etwa so aus:

Alle Einkommensbezieher sind automatisch Leistungsträger der Gesellschaft. Wir demonstrieren dies nun schon jahrzehntelang gegenseitig und an besonders durch die Bildmedien verbreiteten äußeren Merkmalen. Wir erkannten: Als solcherart von außen definierter und auftretender Leistungsträger gelten wir was, wir genießen das Ansehen der Anderen. Dabei korreliert die Höhe unseres Ansehens meistens positiv mit der Höhe unseres Einkommens. Das garantiert schon im Vorfeld irgendwelchen Engagements die Aufmerksamkeit durch Parteien, Verbände, Vereine. Leistung (Einkommen) und “menscheln“ vertragen sich dabei nur selten wie z. B. im Lions-Club, der Caritas etc., aber nicht im Wirtschaftsleben!

Von außen werden wir maßgeblich über Merkmale der Quantität, auch der Qualität unserer Konsumgüter und ihrer Zurschaustellung beurteilt. Dies hatte besonders in den letzten 25 Jahren zur Folge, dass ein „blendendes“ äußeres Auftreten oft ausreichte, im eigenen (Vorteils-)Sinne Andere beeinflussen zu können (= Macht auszuüben). Benachteiligte („Looser“) gibt und gab es immer, aber sie können (dürfen) nie ein menschlicherer Maßstab sein, da dieser Maßstab den wie gerade beschrieben angestrebten oder auch verlangten Erfolgstypus schwächen würde.

Wollte man etwas Grundlegendes an dieser verheerenden Sicht ändern, so wären nach meiner Überzeugung neben einem Besinnen auf die Inhalte der Bergpredigt folgende allgemein menschliche Aufgaben zunächst und immer wieder neu anzugehen:

  1. Theoretische und praktische Erarbeitung und Einübung einer Widerlegung eines solchen immer wieder unterstellten und verbreiteten Selbstverständnisses vom Leistungsträger, denn: Wir benötigen Leistungserbringer und keine Leistungsträger!
  2. Für jeden sichtbar und nachvollziehbar müsste der Nachweis erbracht werden, dass Einkommen und Position mehrheitlich eben nicht die oben beschriebenen Korrelationen / Wirkungen / Folgerungen haben (müssen)
  3. Erarbeitung eines individuell und gesellschaftlich förderlichen Menschenbildes als Glied sozialer Intelligenz
  4. Werbung für dieses Menschenbild auf (wirtschafts-)ethischem und wissenschaftlichem Niveau sowie allen Ebenen der Politik.

Anders ließe sich diese Gesellschaft meiner Ansicht nach weder dauerhaft zusammenhalten noch würde sie sich kommenden Herausforderungen auf friedliche Weise stellen können.